Getagged: Hermann Hesse
Lieblingsgäste (31): Stefan Rescheisen
In der Sammlung „Lieblingsgäste“ kommen die Besucher zu Wort und präsentieren ihre Lieblingssätze aus Literatur und Pop. Im 31. Teil stellt Stefan Rescheisen seine Favoriten vor – eine markige Mischung, die Hermann Hesse und die Band Ween vereint und auch vor Dialekt nicht Halt macht. Der Literaturfreund war zehn Jahre lang Offsetdrucker und hat Bücher für namhafte Verlage hergestellt. Über sich sagt er: „Ich schreibe selbst humorvolle Mails (früher Briefe) an Freunde und Freundinnen, zu Themen, die mich bewegen, antreiben und lebendig halten.“ Weiterlesen
Lieblingsgäste (15): Christina Gierschick
In der Sammlung „Lieblingsgäste“ kommen die Besucher zu Wort und präsentieren ihre Lieblingssätze aus Literatur und Pop. Im 15. Teil stellt uns Christina Gierschick ihre Favoriten vor – eine feine Mischung aus Altem und Modernem. Die Lehramts-Studentin liebt es, in Bibliotheken zu stöbern, liest vor allem Literatur von 1700 bis 1810, „da ich jene Zeit der Aufklärung und des Umbruchs sehr interessant finde.“ Ihr Lieblingsautor ist indes Hermann Hesse. „Ich kenne sonst keinen anderen Autor, dessen Texte meiner inneren Gefühlswelt so nahe sind wie die seinigen.“
Da steppt der Wolf
„Der Tag war vergangen, wie eben die Tage so vergehen; ich hatte ihn herumgebracht, hatte ihn sanft umgebracht, mit meiner primitiven und schüchternen Art von Lebenskunst; ich hatte einige Stunden gearbeitet, alte Bücher gewälzt, ich hatte zwei Stunden lang Schmerzen gehabt, wie ältere Leute sie eben haben, hatte ein Pulver genommen und mich gefreut, daß die Schmerzen sich überlisten ließen, hatte in einem heißen Bad gelegen und die liebe Wärme eingesogen, hatte dreimal die Post empfangen und all die entbehrlichen Briefe und Drucksachen durchgesehen, hatte meine Atemübungen gemacht, die Gedankenübungen aber heut aus Bequemlichkeit weggelassen, war eine Stunde spazieren gewesen und hatte schöne, zarte, kostbare Federwölkchenmuster in den Himmel gezeichnet gefunden.“
Hermann Hesse: Der Steppenwolf (1927). Suhrkamp, 1974.
Der Satz war vergangen, wie eben lange Sätze so vergehen; der Autor hatte ihn herumgebracht, hatte ihn sanft umgebracht, mit seiner anspruchsvollen und klugen Art von Schreibkunst; er hatte einige Stunden daran gearbeitet, andere Bücher gewälzt, er hatte zwei Stunden lang Schmerzen gehabt, wie ältere Autoren sie eben haben, hatte ein Pulver genommen und sich gefreut, dass die Schmerzen sich überlisten ließen, hatte in einem heißen Bad gelegen und die liebe Wärme eingesogen, hatte dreimal die Post empfangen und all die entbehrlichen Briefe und Drucksachen durchgesehen, hatte seine Atemübungen gemacht, die Gedankenübungen aber heut aus Bequemlichkeit weggelassen, war eine Stunde spazieren gewesen und hatte schöne, zarte, kostbare Federwölkchenmuster in den Himmel gezeichnet gefunden.
Danach schrieb Hermann Hesse (1877 bis 1972) den „Steppenwolf“ zu Ende und wurde weltberühmt. Doch, so kurz kann man das sagen.