Nächte mit Hacke
„Nachts, wenn ich einsam bin, wenn mich die letzten Gesichter auf dem Fernsehschirm verlassen haben und weiße Krokodile sich langsam aus dem Spülstein schieben, setze ich mich gern ein wenig in die Küche und unterhalte mich mit dem Kühlschrank.“
Axel Hacke: Nächte mit Bosch (1991). dtv, 1994.
Wahrscheinlich tut man ihm unrecht. Aber angesichts der Tatsache, dass jemand mit Küchengeräten plaudert, noch dazu mit unterkühlten Exemplaren und in absoluter Dunkelheit, angesichts dessen muss die Frage erlaubt sein, ob dieser Boschflüsterer noch alle Eiswürfel im Gefrierfach hat? Unbestritten ist, dass Axel Hacke nicht von dieser Autorenwelt ist. Wahrscheinlich wurde er von höher entwickelten Krokodilen anno 1956 mit der Mission in Braunschweig ausgesetzt, als Wortgott in Menschengestalt nach München zu ziehen, um hier zunächst der Deutschen Journalistenschule (DJS) und dann der Süddeutschen Zeitung die neue Ikone zu geben.
Denn was Hacke in die Tasten hackt, und das nun schon seit mehr als 30 Jahren, gleicht überirdischer Herrlichkeit. Der ehemalige Politikstudent ist Streiflichtgestalt und Reportagenkönig, Kolumnengott und Schönschriftsteller, Worterfinder und Satzfeiler. Dabei immer einer, der sich selbst nicht wichtiger nimmt als die Geschichte, die er erzählt. Wer so perfekt ist, der darf sich gerne nächtelang mit Kühlschränken unterhalten. Wenn’s hilft …
PS: In meiner eigenen Zeit an der DJS war mir Hacke stets ein großes Vorbild. Ein Gespräch mit meinem Kühlschrank (oder irgendeinem anderen) habe ich bis heute nicht hinbekommen.
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